EAGLE - Entwicklung eines automatischen Güterentladesystems

Wie ein Forschungsprojekt zur Gründung eines Start-ups geführt hat, dessen Ziel es ist, ein innovatives vollautomatisiertes Entladesystem für Güter auf den Markt zu bringen.

Innovative Güterentladung

Die Entladung von Gütern aus Lkws ist ein zeitlich aufwändiger und körperlich anstrengender Prozess. Aus dem Forschungsprojekt „EAGLE - Entwicklung eines automatisierten Güterentladesystems", einem Projekt, das im Rahmen des Forschungsförderungsprogramms „Mobilität der Zukunft" durch das BMVIT gefördert wurde, entstand die Produktidee für ein automatisches Entladesystem.

Das 2017 gegründete Start-up PHS Logistiktechnik GmbH, mit Beteiligung der Österreichischen Post AG, baut auf diesen vielversprechenden Forschungsergebnissen auf und betreut die Markteinführung des vollautomatisierten Entladesystems.

Von der Forschungsidee zur Anwendung

Mitte 2015 startete das Projektkonsortium, bestehend aus dem Institut für Technische Logistik der TU Graz, der Österreichischen Post AG und TAGpilot GmbH, das Forschungsprojekt EAGLE.

Ziel war die Entwicklung eines automatischen Entladesystems für große Paketmengen, wie sie an Umschlag- und Verteilknoten der KEP-Branche (Kurier-, Express- und Paket-Dienste) anfallen.

Eine verlässliche und schnelle Identifikation der Güter sollte dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit und Effizienz im Entladeprozess in den großen Verteilerzentren massiv zu erhöhen.

Wie funktioniert das System „EAGLE"?

Das System besteht aus einem einfach nachrüstbaren Auflagesystem mit Gurten für Lkw-Container und einem stationären Modul, das sich rasch an den Lkw ankoppeln lässt. Mit dem Gurt werden die Pakete automatisch aus dem Container gezogen und danach flächig auf das bestehende Fördersystem verteilt.

Damit die transportierten Pakete dabei nicht herunterfallen und beschädigt werden, bremst ein Vorhang an der Docking-Station den Fall. Im Prinzip eine einfache „Dock-and-go-Lösung" - schnell, vollautomatisch und wirtschaftlich. Denn eine Nachrüstung ist kostengünstig bei allen Lkw-Typen möglich.

Mit dem automatischen Entlader sollen große Paketmengen möglichst schnell entladen und identifiziert werden. Die Expertinnen und Experten entwickelten dafür einen Prototyp und testeten verschiedene Szenarien, wie unterschiedliche Füllgrade, Stückgutzusammensetzungen und Beladungsstrategien der Lkw-Container (in der Fachsprache auch WAB – Wechselaufbaubrücke – genannt) sowie unterschiedliche Entladegeschwindigkeiten.

Was bringt das neue System?

Kostengünstig und wirtschaftlich: Der erste Vorteil des Entladesystems ist der kostengünstige Aufbau. Dadurch ist das System nicht nur für große Paketdienste, sondern auch für kleinere Unternehmen wie etwa Warenhäuser wirtschaftlich attraktiv.

Schnell und vollautomatisch: Derzeit brauchen je nach Beladung ein bis zwei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ungefähr eine Stunde für das Entladen eines Containers. Mit EAGLE konnte dieser Vorgang auf zwanzig Minuten reduziert werden, wobei die Entladung nun vollautomatisch erfolgt.

Das automatisierte Entladesystem EAGLE ist ein hervorragendes Beispiel, wie durch den Einsatz moderner virtueller Entwicklungsmethoden in rascher Zeit innovative Produkte entstehen können. Die Bestätigung der optimalen Funktion im Versuch ist die Basis für die dem Projekt folgende Gründung eines Start-ups – der Firma PHS – und die Weiterverfolgung des Forschungsgedankens. Das breit aufgestellte Projektteam – aus Anwendung, Identifikation und Technischer Logistik – sieht in der KEP-Branche großen Bedarf für die Projektidee.

Assoc.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Christian Landschützer, TU Graz

Portrait Assoc.Prof. DI Dr. Christian Landschützer
Assoc.Prof. DI Dr. Christian Landschützer

Umsetzung: Die Gründung des Start-Ups PHS Logistiktechnik GmbH

Das automatische Entladesystem wurde gemeinsam mit der Österreichischen Post AG als Know-how-Träger der Logistikindustrie im Rahmen eines Forschungsprojektes entwickelt. Aufbauend auf den Forschungsergebnissen wurde im Februar 2017 die PHS Logistiktechnik GmbH mit dem Ziel gegründet, die Markteinführung des Entladesystems zu realisieren.

Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter sind Andreas Wolfschluckner und Matthias Fritz, beides ehem. Dozenten an der TU Graz. Die Post, die das System in ihren Verteilerzentren einsetzen will, ist an der Gesellschaft beteiligt. Mit dem neu entwickelten automatischen Entlader will das Start-Up PHS Logistiktechnik Lkws und Wechselbrücken nicht nur schneller, sondern vor allem vollautomatisch entladen. Die ersten Systeme werden in den Logistikzentren der Post installiert. Für das weltweite Vorzeigen der Erfindung steht damit ein erfahrener Referenzkunde zur Seite.

Wolfschluckner und Fritz sehen für ihr System gute Absatzchancen. Für die DACH-Region schätzen sie den Umsatzmarkt auf 310 Mio. Euro ein, europaweit auf 920 Mio. Euro und weltweit sogar für stolze zwei Milliarden Euro. Das deshalb, weil zum einen der E-Commerce-Handel förmlich explodiert und zum anderen weil die Paket-Verteilzentren und Logistik-Immobilien mit der Abfertigung des jährlich im zweistelligen Prozentbereich steigenden Paketaufkommens langsam an ihre Grenzen stoßen.

Das heißt: Der Umschlag zwischen Lkw und den Verteilzentren muss schneller werden „und hier setzt unser PHS-System optimal an", so Wolfschluckner. (Quelle: https://factorynet.at/a/grazer-start-up-will-mit-einem-teppich-lkws-schneller-entladen)

Zwei Männer stehen vor einem Fließband
Die Gründer DI Dr. Matthias Fritz (rechts) und DI Dr. Andreas Wolfschluckner (© PHS Logistiktechnik)

 

Datum Veröffentlichung: 30.01.2018 (aktualisiert am 10.03.2020)