AundO - Intelligente agentenbasierte Lokumlaufsimulation und -optimierung im Güterverkehr

Ein erfolgreich durchgeführtes F&E-Projekt mit vielversprechenden Ergebnissen zum Nutzen von Künstlicher Intelligenz in der Ressourcenplanung stößt Umsetzung eines konzernweiten Programms zu „Automated Ressource Planning“ innerhalb der ÖBB bis 2025 an.

Smarte Schiene: AundO

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Die Rail Cargo Austria (RCA) ist eines der führenden Bahnlogistikunternehmen Europas und transportiert mit über 9000 MitarbeiterInnen rund 105 Mio. Nettotonnen jährlich. Dabei legt die Rail Cargo Group mit knapp 507.000 Zügen über 49 Millionen Zugkilometer zurück. Das entspricht durchschnittlich 1388 Zügen täglich (Quelle: Rail Cargo Group Website).

2016 hat die Rail Cargo Austria im Rahmen eines Projekts im Programm „Trans4cargo" Problemstellungen zur Auslastungsoptimierung der Rail Cargo Group untersucht. Dabei wurden diese anhand der „Härte der Problemstellung" und des „Nutzen der Lösung" strukturiert und klassifiziert. Das diente dazu, jene Problemstellungen zu identifizieren, die hohes Nutzenpotenzial haben und durch weitere Entwicklungsprojekte gelöst werden können. Vielversprechende Bewertung erhielt dabei die Lokumlaufoptimierung.

Lokbedarf ist einer der großen Kostentreiber im Fahrbetrieb

Im Schienengüterverkehr ist eine optimale Planung sehr wichtig, um Mehraufwand, Kosten und zusätzliche Umweltbelastung zu vermeiden. Den Lok-Einsatz zu planen ist ein sehr aufwändiger Prozess, der die MitarbeiterInnen der ÖBB über Monate beschäftigt. Es bestehen dabei folgende Hürden:

  • Ausgefallene und verspätete Zugfahrten ebenso wie stehende, nicht genutzte Triebfahrzeuge führen zu finanziellen Einbußen.
  • Überstellungsfahrten von Triebfahrzeugen für die nächste Zugfahrt oder in die Werkstatt sind ebenfalls kostenintensiv und zeigt negative Wirkung in den Bestrebungen der Dekarbonisierung.
  • Robustheitsanforderungen an den Schienengüterverkehr sind sehr hoch.
  • Die Verfügbarkeit einer ausreichenden Anzahl an Ersatztriebfahrzeugen ist unabdingbar, damit ein Lokausfall keine erhebliche Verspätung der Lieferung bewirkt und die rechtzeitige Güterversorgung gewährleistet werden kann. Dabei gilt es stabile Verkehre weiterhin zu optimieren, um die somit freiwerdenden Ressourcen für instabile Verkehre zu nutzen, welche wiederum durch genaue Prognosemodellen zukünftig besser prognostiziert werden soll.
Diese besonderen Anforderungen an die Planung im Güterverkehr unterstreichen die Wichtigkeit und den potentiellen Nutzen eines effizienten und robusten Lokumlaufplans für den Schienengüterverkehr. Dieser wurde in einem nachfolgenden Forschungsprojekt „AundO" weiter erforscht und Lösungsansätze dazu erarbeitet.

Forschungsprojekt AundO

Um den MitarbeiterInnen die Arbeit bei der Optimierung des Triebfahrzeugbedarfs zu erleichtern, wurde im Rahmen des Projektes „AundO" ein Verfahren zur Verbesserung von Heuristiken in der Optimierung bzw. im Zusammenwirken von Optimierung und Simulation entwickelt. Diese wiederum sind in die Entwicklung von Piloten eingeflossen, mit denen optimierte Lok-Umläufe generiert werden können. Das zweijährige Forschungsprojekt wurde durch das Forschungsprogramm Mobilität der Zukunft gefördert und umfasste folgende Projektpartner: RCA, dwh GmbH, AAU und TU Wien.

Wie wurde methodisch gearbeitet?

Am Beginn des Projekts wurden der Optimierungsalgorithmus und das Simulationsmodell unabhängig voneinander entwickelt. In enger Abstimmung wurden Eingangs- und Ausgangsgrößen für die beiden Anwendungen entwickelt und implementiert, sodass die zwei Module problemlos miteinander verknüpft werden konnten. In der Simulation wurde ein von der Optimierung erzeugter Umlaufplan auf seine Durchführbarkeit überprüft. Dazu wurde der gesamte Fahrplan einer Woche simuliert (im Computer „durchgespielt") und zufällig mit Verspätungen versehen, die ein Künstliche Intelligenz-Modul auf Basis historischer Daten vorhersagt. Die Auswirkungen dieser Verspätungen auf den Gesamtfahrplan wurden als Maß der Durchführbarkeit herangezogen und für einen neuen Optimierungslauf verwendet.

Was bewirkt die Software?

Durch optimierte Planung, deren Durchführbarkeit sichergestellt wurde, können Triebfahrzeuge eingespart werden, wodurch die Kosten für das Unternehmen sinken. Aber auch der Energieverbrauch sinkt, indem unnötige Leerkilometer eingespart werden. Dadurch wird ein Beitrag für die Umwelt geleistet. Zugleich wird die Versorgungssicherheit für die Gesellschaft gestärkt.

Die Durchführbarkeit eines automatisch generierten Lokumlaufplans ist ein extrem wichtiger Aspekt, der auch die Akzeptanz unter den Planern erheblich verbessert. Durch die Einbindung von Simulation in den gesamten Prozess kann dies gewährleistet werden. Die Anwendung bewährter Modellbildungs- und Simulationsmethoden ermöglicht auch die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse.

Matthias Rößler, dwh GmbH

Weitere Umsetzung im Programm „Automated Ressource Planning"

Bei einer immer besser werdenden Datenverfügbarkeit und –qualität birgt eine integrierte, dynamische Optimierungssoftware langfristig großes Potenzial, vor allem im Bahnsektor. Spannend für die ÖBB, jedoch hoch komplex, ist dabei nicht nur die Betrachtung eines einzelnen Bereichs (Loks), sondern die Optimierung aller Produktionsressourcen in der Planung.
 
Folgende Herausforderungen in der Produktion des Personen- und Güterverkehrs lassen sich identifizieren:
  • Es besteht ein hohes Maß an Abhängigkeit und Beeinflussung zwischen den Infrastrukturbetreibern und den Eisenbahnverkehrsunternehmen.
  • Im Gegensatz zu anderen Industriezweigen, werden im Bahnverkehr nur in geringem Ausmaß Technologien im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz eingesetzt.
  • Generell besteht vor allem auf dem Gebiet der mathematischen Optimierung von logistischen Problemstellungen großer Handlungsbedarf. Ansätze gibt es bereits an anderen Stellen, beispielsweise in der Predictive Maintance.
  • Die Komplexität des Systems in der Gesamtheit ist von MitarbeiterInnen nicht beherrschbar. Allerdings in Teilbereichen basieren gute Ergebnisse häufig auf langjähriger Erfahrung.
  • Die Markt- und Kundenforderung an das System Schiene steigen, vorallem hinsichtlich der Bereiche Leistung und Preis.
  • Mit dem 2020 gestarteten und für die nächsten 5 Jahre angesetzten Programm „Automated Resource Planning" will die ÖBB konzernweit diese Herausforderungen angehen und innovative Lösungen dafür finden.
Mit dem 2020 gestarteten und für die nächsten 5 Jahre angesetzten Programm „Automated Resource Planning" will die ÖBB konzernweit diese Herausforderungen angehen und innovative Lösungen dafür finden.
 
Im Wesentlichen geht es darum, Optimierungspotentiale in der nationalen und internationalen Verkehrsplanung, bei Fahrzeugen und operativem Personal, durch den Einsatz von KI in prozessualen, organisatorischen IT-System Abläufen zu erheben und auszuschöpfen. Die Anwendungsfälle umfassen Triebfahrzeuge, Triebwagen, Einzelwagen im Personenverkehr, Busse aber auch die Arbeitsstrukturen der MitarbeiterInnen. Das geförderte F&E-Projekt „AundO" diente dabei als Initialzündung für die Anwendung von Künstlicher Intelligenz bei Ressourcenplanung innerhalb der ÖBB. Diese damit erstmals mögliche holistische Betrachtung der Bahnverwaltung ist sehr innovativ und hat ein Alleinstellungsmerkmal in Europa.

Forschungsprojekte wie AundO sind wesentliche Impulse für die Initiierung innovativer Themen. Das lässt sich an unserem Beispiel sehr gut erkennen. Die Forschungseinrichtungen werden uns auch weiterhin auf unseren Innovationsweg begleiten und unterstützen, davon gehe ich aus.

Harald Ponweiser, ÖBB-Produktion GmbH

Das Programm „Automated Ressource Planning" (ARP) ist konzernweit aufgesetzt und umfasst alle Gesellschaften der ÖBB. Auftraggeber sind die beiden Holdingvorstände Andreas Matthä und Arnold Schiefer. Eine weitere Projekteinreichung zur Themenstellung ist in Vorbereitung gemeinsam mit der TU Wien, nämlich die Etablierung eines Christian Doppler Labors.

Ansprechpartner:
Harald Ponweiser
ÖBB-Produktion GmbH
Harald.Ponweiser@oebb.at

 

Datum Veröffentlichung: 25.02.2021